2021 – Für einen echten Friedenspolitischen Politikwechsel: Friedenspositionen der LINKEN stärken !

„Der SprecherInnenrat der BAG FIP sieht in dem Papier von Matthias Höhn vom 18.1. 21 eine Infragestellung der friedenspolitischen Programmatik der LINKEN. Der Vorschlag, 1 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts für das Militär zu reservieren, würde bedeuten, dass auch wir LINKE uns nun für einen stetigen Steigerungsmechanismus bei den Rüstungsausgaben aussprechen. Eine Positionierung für die weitere Militarisierung der EU-Außenpolitik widerspricht nicht nur der aktuellen Position der LINKEN z.B. gegen den neuen sogenannten Europäischen Verteidigungsfonds – sie konterkariert den mehr als ein Jahrhundert andauernden linken Kampf für die Demilitarisierung Europas. Dies ist – genauso wie das Plädoyer für mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr mit UN-Mandat – nicht vereinbar mit den Grundsätzen der Friedenspolitik der Linken. Angesichts der Pandemie und den daraus erwachsenen sozialen und finanziellen Herausforderungen halten wir es für besonders unverantwortlich, eine Diskussion in Richtung einer weiteren Militarisierung der deutschen Außenpolitik aufzumachen. Wir begrüßen den Beschluss des Bundesvorstands der LINKEN, die Inhalte dieses Papiers öffentlich zurückzuweisen, um nicht noch mehr Schaden bei unseren Wählerinnen und Wählern zu verursachen.“

Die Erklärung des SprecherInnenrats der Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden/internat. Politik zum Jahresauftakt zeigt demgegenüber eine alternative inhaltliche Perspektive für die aktuellen Herausforderungen auf, denen sich die LINKE in der Außenpolitik gegenüber sieht. Deshalb dokumentieren wir sie hier:

Erklärung der SprecherInnen der BAG FiP der LINKEN zum Jahresauftakt 2021

2021 – Für einen echten Friedenspolitischen Politikwechsel: Friedenspositionen der LINKEN  stärken !

Das Jahr 2020 war auch für die Friedenspolitik in Deutschland und weltweit eine Zäsur. Die Covid-19-Pandemie bestärkte nicht die Tendenzen der Zusammenarbeit und der Solidarität, die dringend notwendig wären, um international koordiniert auf diese Herausforderung zu reagieren. Auch die Politik der Pandemiebekämpfung wird immer mehr zum Beispiel wie Konkurrenz und Machtpolitik international weiter dominant werden. Auch dies ist das Resultat einer jahrzehntelangen Stärkung von wirtschaftlicher und militärischer Dominanzpolitik, die zuerst durch die Staaten der sog. westlichen Wertegemeinschaft, und nun auch mehr und mehr durch andere Staaten praktiziert wurde und wird. Der Unilateralismus der USA erreichte unter Trump v.a. mit der Aufkündigung essentieller Rüstungsbegrenzungs- und Rüstungskontrollabkommen eine neue, gefährliche Qualität. Ob sich die Politik der USA hier unter dem neuen Präsidenten Biden ändert, wie viele Gutgläubige auch in unserer Partei hoffen, steht sehr in Frage. Trump ist nur das Symptom, nicht die Ursache dieser Entwicklung. Sie liegt in der Logik der westlichen neoliberalen Strategie, des sogenannten ‚Washington Consensus‘, nach dem international der gewinnt, der wirtschaftlich oder militärisch am rücksichtslosesten agiert. Dem folgend versuchen die USA mit immer radikaleren Mitteln, ihren Weltmachtanspruch gegen andere Länder zu behaupten. In der Logik dieser Strategie werden kleine oder schwache Staaten zu Objekten gemacht, während  größere Staaten, die unabhängige Wirtschaftsstrategien verfolgen, zu Feinden erklärt werden. Die Weltpolitik wird mehr und mehr militarisiert.


Hier spielt auch die Bundesrepublik seit Jahren eine immer verhängnisvollere Rolle. Die Bundesregierung nimmt zwar oberflächlich gegen die Trump’sche Politik Stellung, betreibt aber selbst zu großen Teilen eine solche Politik. Die Aufrüstungsagenda für die Bundeswehr in Nibelungentreue zum 2-Prozentziel der NATO, und die fortgesetzte Teilnahme an Truppen-stationierungen an Russlands Westgrenze stehen dafür genauso wie die Verlängerung der Sanktionen gegen Russland und die seit jüngstem praktizierte Aggressivität gegenüber China (die jüngsten indo-pazifischen Leitlinien der Bundesregierung sehen nunmehr eine Marine-Präsenz der Bundeswehr in ostasiatischen Gewässern vor – fast 9000 km von Deutschland entfernt). Die Präsidentschaften Deutschlands in der EU und im UNO-Sicherheitsrat wurden weder im europäischen noch im UNO-Kontext für eine Initiative für eine Entspannung in Europa oder für mehr globale Gerechtigkeit genutzt. Stattdessen wird regierungsamtlich eine anti-russische und anti-chinesische Dämonisierung betrieben, indem z.B. widerspruchslos der US-Darstellung über eine russische INF-Vertragsverletzung akzeptiert. V.a. Menschenrechtsfragen werden zum Vorwand für eine immer weitergehende Isolierung dieser Länder genommen. Einer militärischen Konfrontation wird so der Weg bereitet. Die zunehmenden zentrifugalen Tendenzen in der EU will die deutsche Regierung ausgerechnet mit einer zunehmenden Militärintegration kitten: Auf maßgebliches Betreiben der Bundesregierung es wird ab 2021 erstmals offiziell Geld aus dem EU-Budget für militärische Forschung und Rüstungsbeschaffungen geben.

Im Verhältnis der Bundesrepublik zu den Ländern des globalen Südens bleibt die Bundesregierung ein zentraler Akteur bei der Unterdrückung eigenständiger Entwicklung: Selbstherrlich beharrt die Bundesregierung auf der völkerrechtswidrigen Anerkennung von Guaido als angeblich recht-mäßigem Präsidenten Venezuelas. Gleichzeitig ist sie eine treibende Kraft hinter der erpresserischen EU-Wirtschaftspolitik gegenüber den Ländern der südlichen und östlichen EU-Nachbarschaft. Diese zerstört deren eigenständige regionale Wirtschaftskreisläufe durch die erzwungene Marktöffnung für die EU, u.a. für deutsche Produkte. Gleichzeitig bleiben deutsche Rüstungs-exporte auf Rekordniveau. Die empörende Kumpanei mit der Türkei in der Flüchtlingspolitik, sowie das zynische Vorantreiben einer weiteren EU-Flüchtlingsabwehrpolitik, z.B. beim Ausbau der Grenzagentur FRONTEX und im Rahmen der Mission IRINI komplettieren das Bild.

Das Jahr 2021 birgt für die LINKE viele Herausforderungen. Es muss gerade angesichts dieser Politik der Bundesregierung ein Jahr werden, in dem die LINKE klar Position bezieht und einsteht für die Prinzipien der Gewaltfreiheit in den internationalen Beziehungen, wie es die UN-Charta vorsieht. Sie darf keinen Zweifel aufkommen lassen bezüglich ihrer prinzipiellen Gegnerschaft zu Regime-Chance-Bemühungen, oder Wirtschaftssanktionen gegenüber ‚missliebigen‘ Ländern, die sich den Zumutungen der neoliberalen Wirtschaftsordnung widersetzen. Dies zu ignorieren und gleichzeitig Zensuren an Länder zu verteilen im Bauchgefühl westlicher moralischer und ‚zivilisatorischer‘ Überlegenheit – das kann und darf nie linke Politik sein. 

Stattdessen muss die LINKE ein mutiger Impulsgeber für Abrüstung, und eine neue Agenda für eine global gerechte Weltwirtschaftspolitik bleiben. Nur so können wir eine weitere Rechtsverschiebung  im gesamten politischen Diskurs der Bundesrepublik verhindern, und – getreu dem Motto ‚Links wirkt!‘ – SPD und GRÜNE anhalten, ihre Außen- und Friedenspolitik wirklich nach links zu öffnen. Dies wird ein langer Prozess – Illusionen sind angesichts der ‚Realpolitik‘ des SPD-Außenministers Maas, und der Zustimmung der derzeitigen GRÜNEN-Führung zur NATO-Aufrüstungsagenda nicht angebracht. Nur langfristig – und nicht durch kurzsichtige Zahlenspiele – kann ein wirklicher friedenspolitischer Richtungswechsel in der deutschen Politik erreicht werden. Das kann nur geschehen wenn alle friedenspolitisch engagierte Kräfte der Gesellschaft, und v.a. die LINKE als Partei eindeutig Stellung beziehen. Dazu ist es auch nötig, das Ziel der Auflösung des Militärpakts NATO und seine Ersetzung durch ein vertraglich geregeltes System gemeinsamer Sicherheit in Europa zu bekräftigen.Der Austritt der Bundesrepublik aus den militärischen Strukturen der NATO ist dafür ein notwendiger erster Schritt, um symbolisch wie materiell anzuzeigen, dass die Bundesrepublik der militärischen Eskalationslogik dieser Allianz eine Absage erteilt.

Linke Europapolitik muss sich von der Vision eines friedlichen, zivilen, demilitarisierten Europa leiten lassen – und das erfordert von der LINKEN auch weiterhin eine klare Absage an alle Militarisierungsbestrebungen der Europäischen Union. Festzuhalten ist genauso an einer gerechten Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten – neben dem Bekenntnis zur Sicherheit Israels ist das Bekenntnis zur Schaffung eines lebensfähigen palästinensischen Staates zu erneuern. Festzuhalten ist auch an unserer Forderung nach einem umfassenden Exportverbot für alle Rüstungsgüter aus Deutschland – auch in NATO-Länder, die als Umweg für die Ausschiffung der Waffen genutzt werden können.

Der bevorstehende Bundesparteitag der LINKEN muss dazu – im Vorgriff auf die Wahlkämpfe dieses Jahres –  eindeutige Prämissen setzen. Aus diesem Grund hat die BAG FiP den Antrag G 3 eingebracht, der diese Positionierung klar markiert. Nur mit einer Position, die sich klar zu den friedenspolitischen Aussagen des Erfurter Parteiprogramms bekennt und diese untermauert, werden wir LINKE die 2021 auf uns wartenden Herausforderungen, u.a. vier Landtagswahlen und die Bundestagswahl, erfolgreich bestreiten können.

Ausserdem bringt der SprecherInnenkreis der BAG auch den Antrag neuen Antrag Rüstungsexporte verbieten – Rüstungsschmieden entwaffnen mit ein.